Amigo ade!
Veronika versuchte vergeblich ihren vor Wut zitternden Bruder zu beruhigen. "Du hast leicht reden. Du lebst weit weg“ schimpfte Reiner, weiter aufgeregt durchs Zimmer tigernd. "Ich bin erledigt. Mein ganzes Geld steckt in neuen Maschinen. Und nun? Kein Auftrag! Nichts! Aus! Ende! ", stönt er.
„Das sind die Amigos, gegen die schon Papa immer verloren hat. Ist es wieder der alte Brunner Vitus, der ‚honorige Geschäftsmann‘? Seit Jahrzehnten mauschelt der mit Bürgermeister Rieder. Warum kaufst denn deine Maschinen nicht bei ihm? "
"Vroni, das Angebot war samt Transport um die Hälfte billiger. Der Vitus hat beim Bau des Wasserkraftwerkes alle reingelegt. Sein Neffe aus München bot für ihn – mit einem Blankoangebot, wie Rieders Sekretärin sagt. Dann 5 Euro weniger eintragen als das niedrigste Angebot – fertig!"
"Natürlich wird sie so etwas nie öffentlich wiederholen. Ihr habt einen Sumpf, dass es der Sau graust. Wenn ich mich recht erinnere, hast du bei dem Spiel doch früher sogar mitgespielt. Sehr zum Ärger von Papa. Du warst doch einmal so etwas wie die rechte Hand vom Vitus."
"Das verstehst du nicht. Du lebst in München."
Reiner schaltete auf stur. Seine Schwester wusste, dass sie da nichts ausrichten konnte. Stattdessen drehte sie versonnen in ihren schwarzen Locken. Reiner glaubte, sie wäre wegen ihm ins Dorf gekommen. Doch der Todestag ihres Vaters hatte sie hergeführt. Die Polizei hatte damals kaum ermittelt und sie wusste, dass es nie und nimmer Selbstmord war, dazu war ihr gläubiger Vater nicht fähig. Keiner hatte auf sie gehört. Hier mauschelten alle. Brunners Arm reichte sogar in die Münchner Polizei, weil er den Polizeichor unterstützte, bei dem er früher gesungen hatte. So gab es keine Untersuchung, weil alle seiner Aussage über die Labilität ihres Vaters geglaubt hatten. Veronika wollte Rache. Dazu war das jährliche Dorffest genau richtig. Alle wichtigen Leute aus dem Dorf waren im Bierzelt.
„Es muss sich was ändern. Hast du noch Kleider von deiner Ex? Die hat doch immer diese unmöglichen Pseudotrachten getragen", fragte sie unschuldig.
Wie sie ihren Bruder einschätzte, konnte er sich von nichts trennen, was seiner großen Liebe gehörte.
"Ja, so ein Dirndl ist da. Aber was willst du damit?" Rainer starrte verdattert auf die schwarze Gruft-
"So erkennt mich keiner", lachte sie ihn aus. "Als ich hier weg bin, war ich ein blonder molliger Teenager. Außer meiner ordentlichen Oberweite ist davon nichts übrig geblieben. Genau damit will ich diesen Sumpf der Viagra-
„Ja aber... das kannst du doch nicht... ", Reiner starrte sie wie ein Ochse mit aufgerissenen braunen Augen an.
Der extrem kurze Rock aus Sackleinen über vielen Rüschen schwang bei jedem Schritt über Veronikas langen Beinen, als sie durch das Festzelt schritt. Ein knappes Mieder und eine dünne Leinenbluse, die straff über den Busen spannte, zogen Männerblicke an. Die Blasmusik spielte lähmend Wiesenlieder, Maßkrüge krachten beim Anstoßen, und die Unterhaltungen wurden immer lauter. Am Tisch der Honoratioren packte eine Männerpranke ihre Taille und zog sie zu sich.
„Setz dich her, Schneckerl", raunte ihr Vitus Brunner ins Ohr, während er in ihren Ausschnitt stierte. "Wer bist du denn?", zog er sie noch näher. Sein Atem verriet Veronika, dass er einige Maß intus hatte. Sie nannte ihm einen falschen Namen und flirtete mit ihm ungeniert. Eng an sie gepresst, stellte er ihr Gemeinderäte und Bürgermeister Rieder vor, der ihr lüstern grinsend zuprostete. Auch ihm erzählte sie, sie wäre neu zugezogen. Bald umfasste Vitus’ Hand ihren Busen. Nun spielte Veronika eine Rolle, die sie von früher kannte und in der Schauspielschule perfektioniert hatte. Sie sprach kaum, lächelte allen Männern am Tisch zu und wurde nur noch als Dekoration wahrgenommen. Als sich das Gespräch der Gemeinderäte wieder um Geschäfte drehte, schaltete sie unbemerkt ihr kleines Diktiergerät im Mieder an. Alle lachten, wie einfach es war, die Bewerber beim Bau des Wasserkraftwerkes übers Ohr zu hauen. Sie waren sich sehr sicher, niemand könne Spitznamen und Kürzel knacken, doch Veronika verstand alles. Wenige Telefonate mit ehemaligen Schulfreundinnen hatten genügt. Mit höherem Bierkonsum wurde es sogar noch besser. Erst prahlten die Honoratioren mit Bordellbesuchen in der Hauptstadt, dann mit ihren Abenteuern mit freizügigen minderjährigen Mädchen des Ortes. Das sollte genügen, ihrem Bruder wieder zu Aufträgen zu verhelfen.
Doch sie wollte mehr. Vitus und Max hoben oft die Krüge auf die blaue Pille. Veronika tat so als würde sie mittrinken, um betrunken zu erscheinen. Vitus dicke Finger grapschen immer tiefer und seine Küsse stanken nach Bier und schlecht verdautem Radi. Doch sie blieb und schwankte am späten Abend mit ihm eng umschlungen zu seinem Haus. Mit altem Maltwhisky im Kristallglas spürte er die viel gerühmte Pille hinunter. Er öffnete umständlich den Latz seiner Lederhose. „Schneckerl, des wird was“, nuschelte er, als er Veronika mit seiner fetten Wampe auf die Couch drängte. Ihr Bluse und Unterhöschen zerriss. Er saugte rülpsend an ihrem Busen. Weiter kam er nicht. Denn ein kräftiges, spitzes Knie traf ihn an der empfindlichsten Stelle im ungeschützten, offenen Hosenlatz. Vitus krümmte sich, da trafen ihn zwei verschränkte Hände im Nacken. Als er wieder zu sich kam, war er an die schwere, gusseiserne Lampe gefesselt. Er wollte toben, doch die chemische Keule wirkte noch und Veronika reizte ihn breitbeinig und barbusig.
Angst und Erregung tobten in ihm, bis sein Kopf dunkelrot anschwoll, der Schweiß über sein Gesicht lief. Er röchelt und keuchte.
„Arzt... hol ... den...“, presste Vitus hervor.
Doch Veronika rührte sich nicht. „Du stirbst an Deiner Gier, weil Du meinen Vater ermordet hast“, flüsterte sie. Sie band ihn los, ließ ihn stöhnend auf dem Sofa liegen. Sie genoss ihren Malt, während sie Spuren beseitigte -
Am nächsten Morgen übergab sie das Dirndl und das Diktiergerät ihrem Bruder. „Mach damit, was du willst“, lächelte sie. „Ich habe ein Angebot aus Hollywood eine Serienmörderin zu spielen. Die Rolle gefällt mir.“ Sie ließ ihn verständnislos stehen und fuhr zum Flughafen – bevor man Vitus fand.
© Anna Banfhile, 2006